Sonntag, 3. April 2016

Die Ökonomisierung des Alltags und Privatlebens

http://www.jetzt.de/beziehungsunfaehigkeit/generation-beziehungsunfaehig-autor-michael-nast-auf-lesereise

Ich hatte mich schon vor Jahren beziehungsunfähig genannt und das Wort selber kreiert. Denn ich bin es wirklich, auch gesundheitlich. Denn wer von der heutigen Generation ist sich denn nicht zu fein, um sich mit einem Krüppel abzugeben, wenn man in den unendlichen Möglichkeiten stets das Beste für sich aussuchen kann?
Und jetzt ist "Generation Beziehungsunfähig" ein neuer Trend? Toll, damit werde ich als echter Beziehungsunfähiger zum Mitläufer eingeschätzt. Ich glaube, die meisten verschleiern damit bloß, dass sie in Wirklichkeit zu individualistisch, kompromisslos, unloyal und (sozial) verwöhnt sind. Diese sozial eher schwache "Generation Smartphone und Facebook" (mehr Schein als Sein), die aufwächst mit dieser Ökonomisierung des Privatlebens, der Verschärfung von Angebot und Nachfrage, des zunehmenden Missverhältnisses von Angebot und Nachfrage zwischen Männern und Frauen mit der Folge zunehmender privatsozialer Ungleichheit, der Verführung durch Social Media und des Neidfaktors der virtuell gefilterten Imagepflege und Selbstpräsentation.

Ist ja auch klar, wenn einer keine Hobbies hat und nichts zu bieten hat (Unternehmungen, Parties, etc.), ist dieser Mensch selbstverständlich uninteressanter, langweiliger und wird eher links liegen gelassen. Daher besteht dieser private Wettbewerb immer. Nur wird dieser durch die heutigen Medien (social media) und durch höhere Studentenzahlen (großer Campus = große Auswahl an Mitmenschen) verstärkt.

Loyalität und Solidarität hat seit den 90ern stark abgenommen, denn wenn es irgendwo kriselt, kann leicht jemand Neues gesucht werden. Im Prinzip wie die Wegwerf- und Konsumgesellschaft. Wergwerfen und Neukaufen ist billiger als Bisheriges zu reparieren und zu pflegen. Außerdem ist die Versuchung auch stets da. Man hat immer im Hinterkopf, dass man jederzeit etwas noch Besseres finden kann als das, was man hat. Viele können sich einen jahrelangen Alltag ohne Internet und Handies gar nicht in allen Details und Auswirkungen auf den Alltag vorstellen. Viele wissen schon gar nicht mehr, wie man ohne Smartphone einkaufen gehen soll ("Schatz, soll ich noch was mitbringen?").

Doch nicht nur der Angebot- und Nachfrage-Reichtum auf sozialer Ebene scheint mir ausschlaggebend für diese Veränderung der sozialen Strukturen und kulturellen Entwicklungen im Alltag zu sein. Auch der materielle Wohlstand baute meiner Meinung nach die Solidarität und Loyalität ab. Die Zahl der Scheidungen hat absolut und relativ zugenommen (so weit ich weiß). Silber- und Goldhochzeiten werden seltener. Damals war aus wirtschaftlichen Gründen mehr Zusammenhalt einfach notwendiger. Heute schafft der Wohlstand mehr Unabhängigkeit in verschiedenen Bereichen: Mobilität, wodurch die Verkehrsdichte zugenommen hat; Internet; Kultur; Unterhaltung; alles ist erschwinglicher geworden für jeden; immer mehr Menschen wohnen alleine, wodurch auch die Wohnungsnot zustande gekommen ist. Und obendrein wurde der Stellenwert der Solidarität gezielt durch die Wirtschaft zerstört durch den Aufruf zu mehr Eigenverantwortlichkeit (neoliberaler Lieblingssatz: "selber schuld!"). Wir lassen uns nicht mehr ausbeuten, wir beuten uns selbst aus. 

Die Medien und die verschärften Konkurrenzbedingungen (online wie real) aufgrund verschärfter Angebot und Nachfrage führten uns in eine Spirale der Selbstoptimierung. Dazu passt das Kabarettprogramm von Florian Schröder "Entscheidet euch!". 


Natürlich ist meine Darstellung im Alltag nicht überall und in allen Kreisen so radikal, doch im Durchschnitt ist es schon sehr stark als Trend/Entwicklung für 80er-Kinder spürbar. Kein Wunder, wenn sich immer mehr als beziehungsunfähig deklarieren.

P.S.: Ich glaube, aus dieser Richtung weht auch die hier und da beklagte "soziale Kälte". Ich persönlich fühle mich als introvertierter Mensch mit einer stark in die Lebensqualität einschneidenden Behinderung wie in dem folgenden Video: schnell ausselektiert. Nur mit dem Unterschied, dass besonders in meinem Umfeld (weibliche Akademiker) das ganze mit Heuchelei überspielt wird. Die Freundlichkeit wie an einem Verkaufsschalter erhält man gern, wenn andere was von einem wollen. Und Zusagen für Treffen ergo gemeinsame Aktionen (oft nur aus Gewissen oder um den öffentlichen, eitlen Schein zu wahren) bleiben nur Lippenbekenntnisse, während dann weitere explizite Anfragen ingoriert werden. Tja, wer nicht will, der hat schon. Ganz einfach.



Donnerstag, 10. März 2016

Sammlung: Eigene Definitionen abstrakter Alltagsbegriffe

Was ist was?  - Vorwort:
Wie oft nutzen wir Wörter jeden Tag, deren Bedeutung wir gar nicht richtig begreifen und verinnerlicht haben? Abstrakte Begriffe, die man aus Gewohnheit benutzt. Wie oft kommt es dadurch zu falschen Auffassungen und naivem Urteilsvermögen. Gutes Beispiel: Intelligenz. Es braucht nur jemand besonders viel Bildung/Wissen an den Tag legen und er gilt öffentlich als intelligent. Das wird von so manchen pseudointellektuellen Angebern ausgenutzt, ihr mangelndes Ego zu pushen, in dem sie sich mit mehr Fremdwörtern als Fachwörtern Sprachbarrieren aufbauen. Der weisere oder erfahrene Mensch durchschaut so eine Absicht freilich schnell, da er den Sinn der Sprache begreift.
("Der Wunsch, intelligent zu erscheinen, verhindert oft, weise zu werden.")

Um ein besseres Urteilsvermögen für die alltägliche Realität zu schaffen und um besser mein Umfeld und das Leben allgemein durchschauen zu können, entwickelte ich aus all meinen vielen, vielen Philosophien nach und nach eine eigene Systematik aus Definitionen. Während ich einst ellenlange Tagebucheinträge und Forendiskussionen zu einem Thema zur Beschreibung benötigte, konnte ich nach und nach den Kern des Ganzen verstehen und irgendwann in einem Satz auf den Punkt bringen. Definitionen, die sich seither über viele Jahre als gültig erwiesen haben und meist auch mit der Wissenschaft (Was ist Zeit? Was ist Intelligenz?), Wikipedia oder dem Duden decken.



Definitionen:

- Kultur: Rationale Entwicklung und Weitergabe von Informationen (an die nächste Generation).
Als Gegenstück zur Natur quasi auch alles, was nicht vom Menschen stammt und ohne menschlichen Einfluss fortbestehen kann.

- Normal: Die Ansammlung von den statistisch relativ häufigsten Eigenschaften (+ Gewohnheit).

- Schönheit: Normalität/Durchschnitt äußerlicher Merkmale (Norm).

- Coolnes: Eine Kombination aus Gleichgültigkeit und Selbstachtung, oft in Begleitung mit modischen und/oder trendsetterischen Eigenschaften.

- Schicksal: Die Summe aller Einflussfaktoren (Umwelt, Gene) auf den Verlauf seines Lebens.

- Glück: Ein positives Zufallsereignis, das für einen von Vorteil ist.
Oder Ursache für regelmäßige positive Zufallsereignisse.

- Pech: Ein negatives Zufallsereignis, das für einen von Nachteil ist.
Oder Ursache für regelmäßige negative Zufallsereignisse.

- Zeit: Das Verhältnis von Bewegungen zueinander, inbegriffen alle Dinge, die einer Geschwindigkeit unterliegen können, einschließlich Geschwindigkeit 0.
Da es keine Geschwindigkeit unter Null geben kann im Sinne des "zeitlichen Zurückspulens", sondern nur räumlich auf Festlegung einer Achse im Raum (Rückwärtsgang ergo "Fahren in die andere Richtung"), kann es auch keine Zeitreisen in die Vergangenheit geben. Zeitreisen in die Zukunft sind nur möglich, wenn man das Verhältnis der Bewegung zweier Systeme zueinander verändert (einen Menschen einfrieren z.B. -> System Mensch altert nur rein physiologisch langsamer als das/die System/e um ihn herum). Vergangenheit ist nicht existent!!! Es gibt keine Vergangenheit, in die man reisen könnte! Denn:
- Zeit ist im kulturellen Sinne (nicht physikalisch) nur eine Abstraktion des Menschen. Wobei auch die Einteilung unseres Zeitsystems (Stunden, Tage, etc.) auch nur auf dem Verhältnis von Bewegungen zueinander beruht. 

- Klischee: Die Proliferation einer Behauptung über den Zusammenhang einer Eigenschaft mit einer sozialen Gruppen oder einem äußeren Merkmal, welcher auf Empirie gestützt ist.

- Vorurteil: Die Verallgemeinerung eines Klischees, welches eigentlich nur statistisch gültig ist, auf alle (100%). Oder auf erheblich mehr, als es wirklich zutrifft.
(Mein Motto: Klischees sind immer nur so weit berechtigt, wie man jeder Ausnahme die Chance gibt, sich als solche zu beweisen)

- Ordnung: Trennung von Entitäten nach logischen, objektiven und nachvollziehbaren Kriterien (gemeinsame Merkmale), die von allen dominieren.

- Muffeligkeit: Faulheit zu sozialen Gesten und Gesprächen.

- Vernunft: Die Fähigkeit und der Wille, Prioritäten zu erkennen und in seinen Entscheidungen zu berücksichtigen.

- Weisheit: Das Produkt reflektierter Erfahrung (Erfahrung * Reflexion = Weisheit).

- Reife: Die Summe der aus Praxis gezogener Weisheit (+Vernunft?) im Verhältnis zum Alter.

- Intelligenz: Die Rekombination von Erfahrung im Verhältnis zur verfügbaren Zeit unter Zuhilfenahme des Gedächtnisses.
Einfach gesagt: Die Fähigkeit zum Aufnehmen, logisch korrekten Verarbeiten und Ausgeben von vielen Daten in kurzer Zeit. (Beste Disziplin dafür: Schach - kann ich überhaupt nicht.)

- Logik: Auffassungsgabe von Zusammenhängen, Kausalität, Hirarchie, Priorität vorliegender Informationen und Entitäten. (Intelligenz - Gedächtnis = Logik?)

- Einfältigkeit: Eine Einstellung und Denkensweise, die zu Naivität führt.

- Moral: Eine kulturelle Entwicklung zur Kompensation der gesellschaftlichen Ungleichheiten, quasi als Schutzschild der biologisch Unterlegenen für Chancengleichheit und Chance auf gleiche gesellschaftliche Teilhabe.

- Verantwortung: Ein Bewusstsein über die Tragweite und Auswirkungen seiner Entscheidungen und Handlungen wahr und ernst zu nehmen, so wie für alle Folgen und Konsequenzen den Kopf hinzuhalten.


- Werte: Eine individuelle Prioritätensetzung im Verhaltensspektrum.

- Ungerechtigkeit (Soziologie): Wenn die Einkommens-/Vermögens-Ungleichheit nicht durch Leistungs-Ungleichheit zu erklären ist.


- Verwöhntheit: Die durch Gewohnheit bedingte Betriebsblindheit im Empfinden, Wahrnehmen und Denken für die Vorteile des eigenen Lebens und Alltags.
 
- Würde: ???



Verwechslungsgefahr:

Dominanz =/= Autorität
Stärke =/= Macht
Furcht =/= Respekt
Neid =/= Missgunst
Mut =/= Leichtsinn
Hoffnung =/= Illusion
Reife =/= Vernunft/Erziehung
Weisheit =/= Intelligenz
Glaube =/= Wissen
Konfliktscheu =/= Anstand
Ehrlichkeit =/= Aufrichtigkeit
Lügen =/= Verheimlichen
Schuld =/= Verantwortung
Leistung =/= Erfolg
Luxus =/= Verschwendung* =/= Dekadenz
Verschiedenheit =/= Ungleichheit =/= Ungerechtigkeit
tolerieren =/= mögen =/= anfreunden
Altmodisch sein =/= Konservatismus =/= Reaktionismus
Saufen =/= Feiern
Liebe =/= Sex (nicht zwangsläufig ;-) )

* (Verschwendung kann Luxus beinhalten, unterscheidet sich aber darin, dass z.B. bei einem gigantischen Apartment mit einer 10 m Raumhöhe aus dem Großteil des Volums kein Nutzen/Wert gezogen werden kann)


Antonyme:

Weisheit <--> Naivität
Erleuchtung <--> Torheit/Einfalt?
Einfalt <--> Vielfalt?
Kultiviert <--> primitiv
Intelligenz <--> Dummheit
Verwöhntheit <--> Läuterung/Gewohnheit/Entbehrung
Egoismus <--> Altruismus
Integration <--> Segregation
Neugier <--> Desinteresse
Oberflächlichkeit <--> Unterflächlichkeit (n. h.M. Tiefgründigkeit)
Ehrlichkeit <-->  Verlogenheit
Natur <--> Kultur


Die Ubiquität von Gleichgewichten:

Kompromisse = Gleichgewicht aus gegensätzlichen Prioritäten oder Interessen.
Nachhaltigkeit = Gleichgewicht aus Verbrauch und Regenerierung von Ressourcen.
Haushaltsdisziplin = Gleichgewicht aus Ausgaben und Einnahmen.
Ausgewogenheit (worklife-balance) = Gleichgewicht aus verschiedenen Bedürfnissen.
Das evolutionär stabilste Verhalten = Gleichgewicht aus Egoismus und Altruismus.